Wer braucht schon ein Kino, wenn er die Kolping hat

Da kann Hollywood einpacken: Die Akteure der Kolpingfaschnacht boten eine oscarreife Show der Extraklasse

Von Rüdiger Busch, RNZ 05.02.2024

Buchen. So viel Witz und Originalität, so viel Talent und Musikalität – für die Besucher der "Großen närrischen Kinonacht" am Samstag und Sonntag in der Stadthalle ist eines klar: Wer die Kolping hat, der braucht kein Hollywood! Auf dem internationalen Markt hat die Buchemer Eigenproduktion aufgrund der lokalen Ausrichtung zwar keine Chancen, aber für das heimische Publikum boten die Schauspieler, Sänger und Musiker mehr als vier Stunden lang ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk voller Ideenreichtum, das seinesgleichen sucht. Da passte wirklich jedes Detail: vom liebevoll gestalteten Foyer mit Filmplakaten, Kinosessel und Popcornstand bis hin zu den professionellen Einspielfilmen und dem famosen Bühnenbild.

"Wir sind wieder da", sangen die Akteure zur Begrüßung. Die Botschaft: Trotz Gloria-Abriss und des Ausfalls des Open-Air-Kinos gibt es in Buchen dank der Kolpingsfamilie weiter eine große Filmauswahl. Im Mittelpunkt des Abends stand wie üblich ein Schauspiel in drei Akten, ein echter Straßenfeger: "Schwartenmagenmafia – der neueschte Eberschterhofer Krimi". Dazwischen trumpften die "Moritaten" und die Gesangsgruppen "Bläck’R", und "Kolpinos" auf, und als Reminiszenz an die goldenen Tage des Stummfilms hatten "Dick und Doof" alias Schorsch und Karle noch einmal einen großen Auftritt.

"Schwartenmagenmafia"

Den Umzug aus Niederbayern in den Odenwald, von Niederkaltenkirchen nach Buche, haben Eberhofer und Co. perfekt bewältigt. Namen und Dialekt wurden zwar ebenso angepasst wie Franz’ Leibspeise, aber die Figuren und der Kriminalfall präsentierten sich mindestens ebenso skurril und unterhaltsam wie in Rita Falks Original. 

> Folge 1 "Feierabend": Eigentlich möchte Dorfpolizist Franz nur den verdienten Feierabend und das von der Oma gerichtete Vesper genießen, aber sein bekiffter Vater, Freundin Susi und sein Bruder nerven. Und dann gibt es nicht einmal seinen geliebten Schwartenmagen: Der ist überall in Buche und sogar in Heescht ausverkauft. Das riecht doch nach einem Verbrechen ...

> Folge 2 "Lagezentrum": Auf Druck des Bürgermeisters und einer Sonderermittlerin des Landeskriminalamts fängt der Franz an, gegen die Schwartenmagenmafia zu ermitteln, unterstützt von seinem Freund Rudi und Praktikant Laurin. Eine Zeugin will verdächtige Personen ausgemacht haben – dunkel gekleidet, mit Schlagstock und einer merkwürdigen Kopfbedeckung. Während die Ermittler auf der Stelle treten, träumt Susi bei der RNZ-Lektüre von "Pretty Woman in Buche", während der Rudi einen 1A-Auftritt als "AC/DC"-Rocker hinlegt.

> Folge 3 "Cold Case": Endlich geht es voran. Die Zeugin studiert Fotos von möglichen Verdächtigen – aus dem Buchener Wimmelbuch auf die Leinwand projiziert: eine Spitzenidee, erstklassig umgesetzt. Während dadurch das "Wacherad" ins Visier rückt, stellt der Praktikant Verbindungen zu einem alten Fall her, dem Diebstahl des Wacherads aus dem Jahr 2020. Als die Verdächtigen schließlich selbst die Bühne betreten, wird schnell klar: Es handelt sich nicht um eine Racheaktion, sondern um Notwehr. Um zu verhindern, dass es an den närrischen Tagen keinen echten Schwartenmagen mehr gibt, hatten die Wacheradsänger kurzerhand alle Vorräte in den Metzgereien aufgekauft ... Logisch, dass am Ende alle zufrieden sind, und Susi darf mit ihrem Franz in den ersehnten Urlaub fahren. Und auch für Rita Falk gibt es eine gute Nachricht: Falls ihr nach inzwischen zwölf Eberhofer-Krimis irgendwann die Ideen ausgehen sollten, muss sie nur nach Buche fahren!

"Dick und Doof"

"Hollywood trifft Buche", so ließe sich das heitere Filmeraten mit Dick und Doof überschreiben. Schorsch und Karle machten sich auf die Suche nach der schönen Unbekannten aus dem Wimmelbuch ("Frau ohne Gewissen"), beleuchteten die unendliche Geschichte Wimpinahaus ("Das Schweigen der Lämmer") und verrieten, was Bürgermeister Burger von den Kostensteigerungen beim BGB-Umbau hält ("Fack ju Göhte"). Blinkys Beitrag zum Stadtjubiläum wurde ebenso gewürdigt: In seinem Laden gibt es exakt 1250 Fastnachtskostüme! Mit ihrem grazilen Tanz zu "Shine on Harvest Moon" zogen Schorsch und Karle am Ende ihren Hut vor den Stars der Stummfilmzeit. 

"Bläck’R" 

"Nachts im (Bezirks-)Museum" ist ganz schön was los, das bewies der vor Musikalität und Spielfreude nur so strotzende Beitrag der Gruppe "Bläck’R". Auf der Suche nach dem Ur-Buchemer im geheimen Archiv des Museums entdeckten sie unter anderen den Original-Blecker, die Dicke Eiche und den "Götzi". Doch Vorsicht: Wer den Ausstellungsstücken nach Mitternacht ins Gesicht leuchtet, der erweckt sie zum Leben. Doch was machen die geisterhaften Wesen dann die ganze Nacht? Zumindest in Buche ist die Antwort klar: Lieder für die Faschenacht einüben! Dass dabei mit "Ist doch egal" gleich noch ein echter Ohrwurm entstand, liegt da fast schon auf der Hand.

"Moritaten"

"Ja, ja, ja, ach ja, es ist traurig, aber wahr": Die Moritatensänger Manuel Roos und Lukas Schäfer hatten so manches Missgeschick und einer ganze Reihe merkwürdiger Begebenheiten ausgegraben – vom Bauzaun am Lohplatz, der sogar den Bürgermeister zum Umweg zwingt, über den Handwerker, der sich im IGO am Buffet die Butterbrotbox füllt, bis hin zur nicht angezündeten Osterkerze beim Weißen Sonntag. Doch wie kann es sein, dass die Buchener so fleißig beim Stadtradeln dabei sind, sie ihre Kinder aber mit dem Elterntaxi direkt vor die Schultüre fahren? Da mussten auch die Sänger passen. Dafür verrieten sie, weshalb der Landrat neuerdings weiße Turnschuhe trägt ...

"Kolpinos 2024"

Die singfreudigen "Kolpinos" waren auf der Suche nach lustigen Fehltritten fündig geworden und nahmen diese gekonnt aufs Korn: "Es steht kein Pferd auf der Flur", sangen sie in Anspielung auf die Hollerbacher Pferdesegnung, die ohne die namensgebenden Hauptfiguren auskommen musste. Vielleicht kann man sich von Bödigheim etwas abschauen? Dort lernt man seit Kurzem auf dem Steckenpferd reiten. In der Kernstadt wiehert dagegen der Amtsschimmel – klar, was da kommen musste: Die Bahntreppe hat Buche schließlich bundesweit bekannt gemacht, und aus der Welt-Musik-Stadt wurde kurzerhand die Welt-Treppen-Stadt – eine weitere starke Nummer. Zum Abschluss präsentierte der 27. Arbeitskreis zur neuen Pfarrei seine Ergebnisse: Gottesdienst und Gastronomie sollen Hand in Hand gehen. Die Prozession führte durch Buchens Kneipen, ehe sie im "Beichtstuhl", an der Theke der "Kleinen Kneipe", endete. Ganz großes Kino – wie der gesamte, oscarreife Abend. Oder anders ausgedrückt: "Beim Kolping, do is es halt schö!"