Sie tragen die Faschnacht im Herzen

Die Akteure der Kolpingfaschnacht verwandelten die Stadthalle mit viel Humor und mitreißender Musikalität in ein Festspielhaus
Von Rüdiger Busch
Buche. „Bei de Kolping do is es schee“: Auch die Corona-Zwangspause und der Umzug von der liebgewonnenen Spielstätte Wimpinasaal in die Stadthalle können am Wahrheitsgehalt dieser Buchemer Weisheit nicht rütteln.

Bei der Premiere der Kolpingfaschnacht in der großen Halle am Samstag (und bei der Zweitauflage am Sonntag) präsentierten sich die Akteure der Kolpingsfamilie unter dem Motto „Festspielstadt Buchen“ voller Spielfreude und bereiteten dem Publikum einen höchst unterhaltsamen Abend. Einmal mehr war es beeindruckend zu erleben, wie groß die Schar an musikalischen und humoristischen Talenten in der Bleckerstadt ist – eben einer Festspielstadt würdig.
Im Mittelpunkt stand ein humorvolles Schauspiel in drei Akten, immer wieder bereichert durch musikalische Einlagen der verschiedenen Gruppen. Da passte einfach alles: Von der neuen Sitzungsband „Huddel and the Bätz“ über das eindrucksvolle Bühnenbild bis zur professionellen Technik. Und auf der Bühne gab es in dem knapp vierstündigen Programm so viele gute Einfälle zu erleben, dass wir sie an dieser Stelle nur auszugsweise wiedergeben können.
„Heidi und Romeo im weißen Rössl“
> 1. Akt: Die Idee kommt – natürlich – aus dem Rathaus: Buche soll Festspielstadt werden. Weil es dafür Leader-Mittel gibt. Und wenn Bürgermeister Burger Zuschüsse wittert, dann ... Deshalb sucht Christof Kieser nun einen renommierten Regisseur für das ambitionierte Projekt und findet ihn im Italiener Lorenzo. Bis der aber in der Bleckerstadt eintrifft, diskutiert die untalentierte Laienspielergruppe über die Auswahl der Stücke. Soll es vielleicht etwas Modernes sein? „Aber des kapiert unser Publikum in Buche net!“
> 2. Akt: Als der Starregisseur endlich da ist, merkt er schnell, wo er da gelandet ist. Also macht er aus der Not eine Tugend. Damit für jeden etwas dabei ist, fällt die Wahl auf drei Stücke: „Heidi“ für die Kinder, „Im weißen Rössl“ für „das einfache Buchemer Publikum“ und „Romeo und Julia“ für anspruchsvolle Zuschauer. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen aber Welten: Für die berühmte Balkonszene muss eine Leiter herhalten, und die Schauspieler bringen immer wieder Rollen und Stücke durcheinander: was für eine „Grande Catastrofe“, zumindest für den Regisseur. Das Publikum amüsiert sich derweil prächtig.
> 3. Akt: Da bei der Kultur der Rotstift angesetzt wird, müssen die drei Stücke zusammen aufgeführt werden. Die Uraufführung von „Heidi und Romeo im weißen Rössl“ läuft so aus dem Ruder, wie es die Proben vermuten ließen: Da muss sogar der Notarzt in Person des Buchemer Bergdoktors auf die Bühne kommen! Doch nicht nur das – Romeos Freunde feiern Junggesellenabschied, platzen in die Aufführung und singen – frei nach Ingo Insterburg – „Er liebte ein Mädchen aus Buche“ (... die musste er net lang suche): Klar, dass der Truppe zu jedem Stadtteil ein Vers einfiel! Dass am Ende zwei Romeos um Julias Gunst buhlen, setzt dem ausgelassenen Treiben dann die Krone auf.
„Bläck’R“
Einfallsreiche Texte, professionelle Videos und musikalisch auf einem Spitzenniveau: So präsentierte sich die Gruppe „Bläck’R“ in ihren Filmbeiträgen während der Pandemiepause. Nun konnten sie ihre Songs endlich live auf die Bühne bringen. Und wie! „Kommt, lasst uns Faschnacht feiern“ wurde zum Hochgesang auf die Narretei, bei dem in jedem Takt die Lebenslust spürbar wurde. Die Buchemer Version des „Queen“-Klassikers „Bohemian Rhapsody“ geriet zur Liebeserklärung an Buche. Absoluter Höhepunkt war aber das Lied „Alter Mann“ von Martin Grollmuss mit wunderschönen Zeichnungen von Davor Manovic: Die Geschichte des alten Mannes, der die Faschenacht noch im Herzen trägt, auch wenn er inzwischen im Heim wohnt, sorgte für die eine oder andere Träne der Rührung und wurde mit Standing Ovations belohnt.
„Moritaten“
Unter dem Motto „Traurig, aber wahr“ nahmen die Moritatensänger Linus Kieser und Lukas Schäfer große und kleine Missgeschicke gekonnt aufs Korn. Wenn der Vorsitzende der Stadtkapelle dem Publikum bei der Eröffnung des Weihnachtsmarkts „einen schönen Schützenmarkt“ wünscht, darf das natürlich ebenso wenig fehlen wie der neue Lehrbienenstand im Mühltal, auf dem es mehr Imker als Bienen gibt. Apropos Mühltal: Die dort geplanten Projekte wie der Seniorenbauernhof erregten natürlich auch die Aufmerksamkeit der talentierten Glossierer. Und dass das Festzelt auf dem Schützenmarkt viel zu klein war, hat ja auch jeder gesehen!
„Kolpinos 2023“
Durch die närrische Brille blickten auch die „Kolpinos“ auf die Bleckerstadt und stießen dabei auf eine Taufe in der Stadtkirche, bei der das Taufbecken leer war. Die Lösung: Der Ministrant brachte das Wasser in der Gießkanne. Mit hohem Wiedererkennungswert, was die handelnden Personen angeht, widmeten sie sich auch dem Neubau des Sportkindergartens und den vielfältigen Ambitionen des TSV. Zum Brüllen! Absolut gekonnt war auch die „Talenteschau mit Arian Golic“, bei der unter anderem „Die kleine Kneipe“ besungen wurde, die noch aufhat, wenn die anderen Wirtschaften längst zu haben: „Do kriegsch Dei Bier bis um 4!“
Mit dem Dank an alle Mitwirkenden auf und hinter der Bühne (siehe unten) durch Sandra Röckel und dem großen Finale endete eine mitreißende Sitzung, die nur einen Schluss zulässt: „Bei de Kolping do is es schee!“
Info: Weitere Fotos: www.rnz.de/fotos

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